Welchen Einfluss hat Dein Körpergewicht auf Deine Radzeiten am Berg?

WELCHEN EINFLUSS HAT DEIN KÖRPERGEWICHT/SYSTEMGEWICHT AUF DEINE RADZEITEN AM BERG?

Es gibt zwei Faktoren, die beim Bergauffahren eine Rolle spielen: Die Leistung, die du dauerhaft aufs Pedal bringen kannst und dein Körpergewicht. Deshalb entscheidet auch nicht die absolute Leistung, sondern deine Leistung pro Kilogramm Körpergewicht.

Ein gerne genutztes Beispiel für die Leistungsfähigkeit von Radfahrern ist der Anstieg nach Alpe d’Huez. Wie schnell kannst du die 21 Kehren meistern? Und wo stehst du im Vergleich zu den Radprofis? Eine spannende Frage für viele Radfahrer und Triathleten.

Den Rekord für die schnellste Auffahrt nach Alpe d’Huez hält übrigens immer noch Marco Pantani. 37:35 min benötigte der italienische Radprofi für seine zweifelhafte Rekordfahrt. Dafür war eine Leistung von 6,5 Watt/kg notwendig. Das sind Werte, die für einen sauberen Athleten vermutlich nicht realisierbar sind.

Im Vergleich dazu kommt der aktuelle Tour de France-Sieger Chris Froome nur auf 6,2 Watt/kg. 0,3 Watt klingen nicht besonders viel, aber machen nach dem 13,8 km langen Anstieg mit durchschnittlich 7 Prozent einen Zeitunterschied von über 3 Minuten aus.

In absoluten Zahlen hat übrigens Froome die größere Leistung vollbracht: da er rund 10 kg schwerer ist als Pantani, brauchte er durchschnittlich 415 Watt, während Pantani nur 380 Watt treten musste.

Nehmen wir noch einen dritten Protagonisten in die Rechnung, damit der Einfluss des Gewichts noch etwas deutlicher wird: Lance Armstrong erreichte bei einem kurzen Zeitfahren Alpe d’Huez nach 37:36 min, also nur eine Sekunde langsamer als Pantani.

In Relation zum Gewicht muss Armstrong also annähernd dieselbe Leistung (ca. 6,5 Watt/kg) erbracht haben wie Pantani. Allerdings wog Armstrong mit 71 kg rund 12 kg mehr als Marco Pantani (59 kg). Daraus ergibt sich eine Durchschnittsleistung von 460 Watt für Armstrongs Ritt auf den Gipfel.

Nun kommt eine weitere Komponente ins Spiel: Das Rad des Amerikaners war mit 6 kg etwa 2 kg leichter als Pantanis Rennrad.

Bergauf ist das Systemgewicht aus Fahrer und Rad entscheidend und nicht nur das Gewicht der Fahrers. Rechnet man das in unserem Vergleich gegeneinander auf, musste Lance Armstrong ein 10 kg höheres Gewicht auf den Berg befördern. Die für Armstrongs Fahrt erforderliche Durchschnittsleistung liegt also bei rund 460 Watt.

Rechnet man die Differenz der erbachten Leistung von beiden Sportlern auf das Gewicht um, musste Armstrong also für jedes seiner zusätzlichen 12 Kilos rund 6 Watt mehr Leistung erbringen.

WAS HEISST DAS JETZT FÜR DICH?

Rechnen wir die Leistung mal in Geschwindigkeit um, kannst du ganz gut abschätzen, wie lange du selbst für den Anstieg nach Alpe d’Huez brauchen würdest.

Nehmen wir mal an, wir haben einen Musterathleten, der bei 75 kg Körpergewicht eine Stunde lang rund 300 Watt halten kann. Dann könnte unser Sportler den Anstieg nach Alpe d’Huez in rund 55:40 min bewältigen.

Wäre unser Fahrer 5 kg schwerer, bräuchte er bei gleicher Leistung fast 3 min länger oder wäre er 5 kg leichter, könnte er fast 3 min Zeit einsparen. Anders ausgedrückt: Wenn ein 80 kg schwerer Fahrer 10 kg abspeckt, könnte er beim Anstieg nach Alpe d’Huez rund 6 min einsparen. Vorausgesetzt, unser Sportler kann seine Leistung trotz Gewichtsabnahme konstant halten.

Zugegeben, die meisten Radfahrer werden sicher keine Schwellenleistung von 300 Watt erreichen, sondern teils deutlich darunter liegen. Entsprechend langsamer ist dann auch jeder Anstieg zu bewältigen, aber die Relation Leistung zu Körpergewicht bleibt gleich.

Wenn du deine FTP kennst, kannst du anhand dieser Grafik ganz gut abschätzen, wie lange du für den Anstieg nach Alpe d’Huez brauchen würdest. Du musst einfach deine FTP durch dein Körpergewicht teilen.

FAZIT

Es lohnt sich also, das eigene Körpergewicht bzw. mit einem leichten Rad das Systemgewicht zu reduzieren, wenn man schneller über die Berge kommen will. Aber bitte nicht übertreiben. Ein zu großer Gewichtsverlust, kann sich negativ auf deine Leistung auswirken.

PS: Der Tour de France Radprofi 2020 wog im Durchschitt 69 kg und hatte eine Körpergröße von 1,80m. Demnach müsste ich entweder 19 kg abnehmen oder auf 2,34 m Körperlänge anwachsen – ich überlege noch, was besser wäre… 😉

In diesem Sinne – viel Spaß bei den nächsten Anstiegen und dem Erreichen der persönlich Bestform!

Ihr Thorsten Güth